Das Gesundheitswesen , Thieme Verlag Heft 8/9-2021, Jahrgang 83) ISSN 1439-4421 Seite(n) 611 bis 618 DOI: 10.1055/a-1173-9555 CareLit-Dokument-Nr: 318600 |
|
Zusammenfassung Hintergrund Arbeitsbedingte Gesundheitsbelastung stellt einen von vielen Gründen dar, den Pflegeberuf frühzeitig zu verlassen. Dennoch ist über den Erfolg und die Anwendungshäufigkeit gesundheitsbezogener Personalbindungsmaßnahmen sowie über Einstellungen der Führungskräfte mit Personalverantwortung hierzu bisher wenig bekannt. Methodik In einer Teilstudie des Verbundprojekts „ZAFH care4care – Fachkräftebedarf in der Pflege im Zeichen von Alterung, Vielfalt und Zufriedenheit“ wurden personalverantwortliche Führungskräfte aller Pflegeeinrichtungen der Region Bodensee-Oberschwaben im Sinne einer Vollerhebung (N=207) schriftlich-postalisch befragt. Die Befragung ist der quantitative Bestandteil einer sequenziellen, qualitativ-quantitativen Mixed-Methods-Studie. Insgesamt nahmen an der schriftlichen Befragung 59 Personalverantwortliche teil. Für die Auswertung der quantitativen Befragung wurden deskriptive und bivariate Analyseverfahren genutzt. Ergebnisse In den befragten Pflegeunternehmen zeigen sich v. a. Probleme in der Pflegepersonalsituation durch eine zu geringe Personalkapazität und durch die hohe Arbeitsbelastung. Zudem gab jedes fünfte Pflegeunternehmen an, häufig von gesundheitsbedingten Berufsaustritten betroffen zu sein. Die Anwendung gesundheitsbezogener Maßnahmen wird mehrheitlich als erfolgreich zum Personalerhalt bewertet, dennoch werden insbesondere verhältnispräventive Ansätze wenig berücksichtigt. Schlussfolgerungen Der starke Zusammenhang zwischen der hohen Arbeitsbelastung des Pflegepersonals, der hohen Anzahl krankheitsbedingter Fehlzeiten und gesundheitsbedingter Berufsaustritte weist auf die Notwendigkeit gesundheitsförderlicher Interventionen in den Pflegeunternehmen hin. Den Führungsebenen kommt, im Zusammenwirken aller zuständigen Akteure, die Schlüsselrolle bei der Realisierung gesunder Arbeitsbedingungen zu. Abstract Background Health issues caused or exacerbated by a heavy workload are one reason for leaving the nursing profession early. Little is known about the effect and the application of health-related retention strategies in the nursing sector as well as the attitudes of the management and officers of human resources (HR) toward this topic. Methods This survey is part of the project “ZAFH care4care“. HR directors and management at all nursing institutions within one region of Southern Germany (Region Bodensee-Oberschwaben) were contacted and interviewed via questionnaire (PAPI) (N=207). The survey was the quantitative part of a sequential, mixed methods study within an exploratory design. Overall, 59 responses were received and analysed using descriptive and bivariate statistics. Results Among the nursing institutions surveyed, a shortage of qualified nurses and the resulting heavy workload on remaining staff proved to be common problems. In addition, every fifth nursing institution reported nurses leaving the occupation for reasons of health. The application of health promotion strategies was considered largely successful in retaining staff, but approaches related to structural prevention seemed to be given little consideration. Conclusions The strong correlation between heavy workload and high rates of absenteeism, sick days, and occupational dropout among nurses highlights the need for health promotion initiatives within the field of nursing. Management and HR directors, in cooperation with other stakeholders, play a key role in fostering a healthy working environment. Schlüsselwörter Primärdaten - Fachkräftemangel - Gesundheitsförderung - Personalerhalt - Arbeitsbelastung - Pflegebranche Key words primary data - nursing shortage - health promotion - heavy workload - nursing - employee retention 25 June 2020 © 2020. Thieme. All rights reserved. Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany Literatur 1 Statistisches Bundesamt (Destatis). Pflegestatistik 2017: Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung. Deutschlandergebnisse; 2018 2 Hall A. Kranken- und Altenpflege – was ist dran am Mythos vom Ausstiegs- und Sackgassenberuf?. Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis BWP 2012; 16-19 PubMedGoogle Scholar 3 Pilger C, Jahn D. Gesundheitswesen in Baden-Württemberg: Struktur und Entwicklung der Beschäftigung: IAB-Regional. IAB Baden-Württemberg; Nürnberg: 2013 CrossrefGoogle Scholar 4 Ehegartner V, Kirschneck M, Frisch D. et al. Arbeitsfähigkeit von Pflegekräften in Deutschland – welchen Präventionsbedarf hat das Pflegepersonal: Ergebnisse einer Expertenbefragung. Gesundheitswesen 2020; 82: 422-430 Article in Thieme ConnectPubMedGoogle Scholar 5 DGB-Index Gute Arbeit Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege: So beurteilen die Beschäftigten die Lage. Ergebnisse einer Sonderauswertung der Repräsentativumfragen zum DGB-Index Gute Arbeit. 2018 Google Scholar 6 Hasselhorn H-M, Müller BH, Tackenberg P. et al. Berufsausstieg bei Pflegepersonal: Arbeitsbedingungen und beabsichtigter Berufsausstieg bei Pflegepersonal in Deutschland und Europa. Dortmund, Berlin, Dresden: Wirtschaftsverl. NW, Verl. für Neue Wiss; 2005 CrossrefGoogle Scholar 7 Blum K, Müller U, Schilz P. Wiedereinstieg ehemals berufstätiger Pflegekräfte in den Pflegeberuf. Düsseldorf; 2004 8 Hasselhorn H-M, Tackenberg P, Büscher A et al. Wunsch nach Berufsausstieg bei Pflegepersonal in Deutschland. In: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)., Hrsg. Berufsausstieg bei Pflegepersonal: Arbeitsbedingungen und beabsichtigter Berufsausstieg bei Pflegepersonal in Deutschland und Europa. Dortmund, Berlin, Dresden: Wirtschaftsverl. NW, Verl. für Neue Wiss; 2005: 135–146 9 Kliner K, Rennert D, Richter M. Hrsg. Gesundheit und Arbeit – Blickpunkt. Gesundheitswesen: BKK Gesundheitsatlas 2017. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2017 10 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Arbeit in der Pflege – Arbeit am Limit?: Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche. Dortmund; 2014 11 Höhmann U, Lautenschläger M, Schwarz L. Belastungen im Pflegeberuf: Bedingungsfaktoren, Folgen und Desiderate. In: Jacobs K, Kuhlmey A, Greß S, Klauber J, Schwinger A, Hrsg. Pflegereport 2016: Schwerpunkt: Die Pflegenden im Fokus. Stuttgart: Schattauer Verlag; 2016: 73–89 12 Bühler S. Arbeitsbedingungen und Belastungen der Beschäftigten im Gesundheitswesen. In: Kliner K, Rennert D, Richter M, Hrsg. Gesundheit und Arbeit – Blickpunkt Gesundheitswesen: BKK Gesundheitsatlas 2017. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2017: 103–108 13 Weiß E. Gesundes Team – eine Ressource, die man pflegen muss. In: Bechtel P, Smerdka-Arhelger I, Lipp K, Hrsg. Pflege im Wandel gestalten – Eine Führungsaufgabe: Lösungsansätze, Strategien, Chancen. 2. Aufl. Berlin: Springer; 2017: 95–101 14 Fuchs-Fronhofen P, Scheen S, Metzen D et al. Handlungsanregungen für eine gelingende Verhältnisprävention in der stationären Altenhilfe: „Gesunde Arbeitsbedingungen in Pflegeeinrichtungen“. Würselen: Verlag der MA&T Sell & Partner GmbH; 2019 15 Preiß F, Boscher C, Winter MH-J. Gewinnung von Pflegefachkräften im ländlichen Raum: Erste Ergebnisse einer explorativ-qualitativen Studie zum pflegerischen Fachkräftemangel in der Region Bodensee-Oberschwaben. Pflegewissenschaft 2018; 20: 480-490 PubMedGoogle Scholar 16 Behrens J. Brandenburger Fachkräftestudie Pflege: Abschlussbericht. Halle (Saale); 2013 17 Zúniga F, Ausserhofer D, Serdaly C et al. Schlussbericht zur Befragung des Pflege- und Betreuungspersonals in Alters- und Pflegeinstitutionen der Schweiz. Basel. 2013 18 Benedix U, Hammer G, Medjedovic I. et al. Arbeitskräftebedarf und Personalentwicklung in der Pflege: Eine Erhebung im Land Bremen. 2013 Google Scholar 19 Lenzner T, Neuert C, Otto W. Kognitives Pretesting: GESIS Survey Guidelines. Mannheim; 2015 20 Häder M. Empirische Sozialforschung: Eine Einführung. 3. Aufl Wiesbaden: Springer VS; 2015 CrossrefGoogle Scholar 21 Isfort M, Weidner F, Rottländer R et al. Pflege-Thermometer 2018: Eine bundesweite Befragung von Leitungskräften zur Situation der Pflege und Patientenversorgung in der teil-/vollstationären Pflege: Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung. 2018; Im Internet: www.dip. de; Stand: 04.02.2020 22 Krupp E, Hielscher V, Kirchen-Peters S. Betriebliche Gesundheitsförderung in der Pflege – Umsetzungsbarrieren und Handlungsansätze. In: Jacobs K, Kuhlmey A, Greß S, Klauber J, Schwinger A, Hrsg. Pflege- Report 2019: Mehr Personal in der Langzeitpflege – aber woher? Berlin: Springer; 2019: 113–121 23 Schmucker R. Arbeitsbedingungen in Pflegeberufen. In: Jacobs K, Kuhlmey A, Greß S, Klauber J, Schwinger A, Hrsg. Pflege-Report 2019: Mehr Personal in der Langzeitpflege – aber woher? Berlin: Springer; 2019: 49–60 24 Voswinkel S. Rückkehr in die Arbeit bei psychischen Erkrankungen. Herausforderungen für das Betriebliche Eingliederungsmanagement. WSI-Mitteilungen 2019; 72: 343-350 CrossrefPubMedGoogle Scholar 25 Aydin N, Fritsch K. Stigma und Stigmatisierung von psychischen Krankheiten. Psychotherapeut 2015; 60: 245-257 CrossrefPubMedGoogle Scholar 26 Johnson JV, Hall EM. Job Strain, Work Place Social Support, and Cardiovascular Disease: A Cross-Sectional Study of a Random Sample of the Swedish Working Population. AJPH 1988; 78: 1336-1342 CrossrefPubMedGoogle Scholar 27 Schütz-Pazzini P. Anforderungen an pflegerische Führungskräfte im 21. Jahrhundert. In: Bechtel P, Smerdka-Arhelger I, Lipp K, Hrsg. Pflege im Wandel gestalten – Eine Führungsaufgabe: Lösungsansätze, Strategien, Chancen. 2. Aufl. Berlin: Springer; 2017: 57–62 28 Walter U. Standards des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. In: Badura B, Walter U, Hehlmann T, Hrsg. Betriebliche Gesundheitspolitik: Der Weg zur gesunden Organisation. 2. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer; 2010: 147–160
{{detailinfo.data.api.data.document[0].apa}}
{{detailinfo.data.api.data.document[0].vancouver}}
{{detailinfo.data.api.data.document[0].harvard}}